Gestern zeigte meine Social Media Überwachung eine besondere Aktivität zum Thema Moleskine und zuerst dachte ich, ich hätte mich verlesen, denn die Meldungen waren eher negativ! Was ist passiert? Moleskine hat einen Wettbewerb ausgeschrieben und ruft Designer dazu auf, ein neues Logo für das offizielle Moleskine Blog Moleskinerie.com zu designen:
[…] Everyone is invited to take part in the competition by submitting their original creation for their chance to win. […] Create your logo and upload it to the Designboom website within Moleskine section, starting today […] A shortlist of the 100-150 best designs, chosen by a jury to be selected in the coming weeks, will be published at the end of November […]
Der Wettbewerb findet zusammen mit der Webseite designboom.com statt. Dort ist auch zu lesen, dass es 5000 EUR zu gewinnen gibt:
[…] the designer of the winning entry will be granted a cash prize award of € 5000 euro and as always, designboom will publish an exhaustive results report. […]
Dort findet ihr auch weitere Infos zum Wettbewerb.
Was sich erst einmal wie ein klassischer Wettbewerb unter Zuhilfenahme des Crowdsourcing Konzepts anlässt, kommt bei der Community nicht so gut an. Die Leute beschweren sich auf Moleskines Facebook Seite und denken bei Twitter darüber nach, in Zukunft kein Moleskine mehr zu kaufen. Die Twitterati sind traurig und verbittert, manche rufen gar zum Boykott auf.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Natürlich arbeiten da potenziell tausende Designer „kostenlos“ für Moleskine, auf der anderen Seite gibt es 5000 EUR zu gewinnen. Und wer nicht teilnehmen möchte, muss auch nicht teilnehmen. Die Reaktionen finde ich teilweise überzogen, aber sie sind so auffällig, dass Moleskine reagieren muss. Bin gespannt, wie die Geschichte ausgeht.
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Hallo Christian,
ich kann die Aufregung gut verstehen.
Auch ich denke, dass Wettbewerbe meist eine perfide Form der Ausbeutung sind. Besonders dann, wenn namhafte und potente Firmen wie Moleskine dahinterstehen.
Die 5.000 Euro sind für M. doch Peanats, gemessen an dem, was sie dafür bekommen: Publicity, eine Blogmarketing und Social Media Kampagne inkl. Links zum Wettbewerb und zur Homepage… achja: Ein neues Logo, das sie sich unter hunderten von Entwürfen aussuchen, können gehört auch noch dazu.
Und die Designer? Die investieren jeder mehrere Stunden Arbeit und haben ein geringe Chance, die 5.000 Euro zu gewinnen. Laut Designboom nehmen im Schnitt 3.500 Designer an einem Wettbewwerb dort teil. Der Erwartungswert liegt also bei 5.000 / 3.500 = 1,42 Euro. Als kalkulatorische Vergütung für mehrere Stunden Arbeit ist das einfach lächerlich.
Grüße aus Aachen
Ansgar
Ich habe den Eindruck, daß solche Wettbewerbe generell im Moment nicht gut ankommen.
Persönlich mache ich das an dem Fiasko dieser Spülmittelfirma (Weiß nicht mehr, wer es genau war) fest, die das Siegerdesign dann abgelehnt haben, weil sie es nicht ernsthaft genug fanden.
In meiner Bekanntschaft werden solche Aktionen jedenfalls seitdem höchst mißtrauisch bis ablehnend beäugt
Ich frage mich seit längerem, ob bei Moleskine in Sachen Marketing nicht etwas schief läuft. Von einem Konzern, der eher eine Nische besetzt hat (qualitativ wie preislich hochwertige Notizbücher und Kalender) zu einem allgegenwärtigen Unternehmen, von dem ich mir mittlerweile auch Verpackungsmaterial für mein iPhone, ja sogar Brillen kaufen kann. Das ist immer noch qualitativ top, keine Frage: aber ich fühle mich als Käufer nicht mehr so sehr mit meinem erworbenen Gegenstand verbunden, wenn ich ein Massenprodukt kaufe und kein Nischenprodukt, oder?
Dass man sich jetzt für vergleichsweise wenig Geld vom Kunden ein neues Design verpassen lässt – tja, ich weiß nicht: geht das auch in die Richtung des allgegenwärtigen und damit wenig individuellen Unternehmens? Ich zweifle noch. Toll finde ich es, glaube ich, nicht.
@alle: danke für eure Meinungen. Moleskine hat es nun auch unrühmlicherweise auf die Antispec Seite geschafft: Designers love Moleskine. Now Moleskine want 28,000 hours of free design time. – antispec.com/hq/moleskine – und bei Twitter kann man sogardas Hastag #antispec für Moleskine finden.
Ich freue mich über die neuen Ideen für das Logo, empfinde die erfundenen Geschichten über die Herkunft der Notizbücher von Moleskine weitaus frecher (positiv gemeint) als dieses Logo-Husarenstück und lächle dennoch gerne über den Esprit dieser Firma.
Moleskine entwächst den cleanen Saubermannstatus. Endlich.