Archiv für » November 17th, 2013«

Die kommenden Wochen vor Weihnachten sollten in den Augen der meisten Menschen mit stetig wachsender Besinnung einhergehen, doch meistens ist das Gegenteil der Fall. Den tägliche Zwang effizient zu sein – sei es im Beruf oder im Privatleben – kann man irgendwann nicht mehr abschütteln und so überträgt er sich auch auf Bereiche, wo es nicht auf Effizienz ankommt, ja wo sie sogar schädlich ist.
Die Weihnachtskarte ist so ein Fall.

Digitale Postkarten und E-Mails gehören zu den Effizienzvertretern und die will ich hier gar nicht betrachten. Also: Zu Weihnachten möchte man den Lieben eine Postkarte zukommen zu lassen. Doch nicht nur wegen Facebook (oder gerade trotz?) haben die meisten Menschen viele Freunde, denen sie eine analoge Nachricht schicken möchten. Aber handschriftliche Glückwünsche kosten Zeit und beginnen zu langweilen, wenn man immer wieder den gleichen Text schreibt. Also sucht man nach Effizienz und findet sie in Postkartendiensten oder ähnlichen Arbeitserleichterungen. Sicher, die Freude auf der anderen Seite wird dadurch nicht getrübt. Aber wieviel befriedigender ist es für den Schreibenden, wenn er tatsächlich von Hand schreibt oder die Karte individuell bastelt? Das ist herrlich ineffizient und wunderbar persönlich. Wie schon die letzten Jahre werden wir bei mir zu Hause auch dieses Jahr wahre Papierorgien veranstalten. Während ich dies schreibe, sammeln sich schon die bunten Papier, Blankokarten, Stempel, Stanzlocher und Masking Tapes auf dem Tisch. Es ist noch etwas früh für Karten, aber die Materialien kann man sich an einem trüben Sonntag Nachmittag schon mal zusammenstellen.
Und dann wird in den kommenden Wochen immer mal wieder gebastelt und geschrieben – natürlich von Hand. Alle Familienmitglieder machen mit Begeisterung mit und vor dem Abschicken freut man sich über die individuellen Papierwünsche, die jedem Adressaten hoffentlich persönliche Worte bringen.
Man hört es oft, es klingt abgedroschen und doch ist es wahr: handschriftliche Glückwünsche und ein paar Worte, die nur der eine Adressat bekommt, vermitteln auch beim Empfänger ein Gefühl der Wertschätzung und Zuneigung. Hier hat jemand viel Zeit auf eine Sache verwendet, die man auch effizienter hätte haben können. In der Effizienzwelt ist Zeit wertvoll. Und der Einsatz von Zeit überträgt ihren Wert auf den Gegenstand, dem man die Zeit gewidmet hat. Und von dem Gegenstand überträgt sich der Wert auf den Empfänger. Das spürt der Adressat einer „handgemachten“ Weihnachtskarte.
Auch die beruhigende Wirkung des Bastelns ist nicht zu unterschätzen. Das Kleben, Schreiben und Arrangieren entschleunigt ungemein und schon nach kurzer Zeit verfällt man in einen kontemplativen Modus und ist woanders. Man kann sich förmlich erholen. Es geht nicht darum, schnell fertig zu werden, effizient zu sein. Es geht darum, Zeit zu investieren für sich und für den Empfänger der Karte.

Dieses Jahr gilt also für das Erstellen eurer Weihnachtskarten: seid ineffizient!

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Hay ist eine dänische Firma, die sich über die Wertschätzung dänischen Designs motiviert:

[…] HAY was founded in 2002 and the furniture collection was launched at IMM Cologne in 2003. HAY’s ambition is to encourage Danish furniture design’s return to the innovative greatness of the 1950’s and 1960’s in a contemporary context.
Today, ten years later that ambition has not changed! It is still a great inspiration and keeps us inspired and motivated every day in creating meaningful and sincere design. […]

Auf der Webseite gibt es in der Kategorie Accessories&Rugs gibt es für Papierfreunde allerhand zu entdecken. Von Notizheften über Notizbücher hin zu farbenfrohe Klebebänder (Masking Tapes) und Archivordner, die durch ihr Design aufgefächert auch als Skulptur durchgehen könnten.
Die Navigation in der schön gestalteten Webseite ist etwas gewöhnungsbedürftig, v.a. wenn man tief unten über Links auf eine Bilderverwaltungsseite gelangt.
In Deutschland gibt es Hay-Läden in Berlin, München und Bremen.

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In einem der größten Tech-Blogs der Welt las ich den Artikel Social Experiment Turns Strangers‘ Emails Into Handwritten Notes. Darin wird vom Snail Mail My Email Projekt berichtet, das es seit 2011 gibt. Das Projekt will dazu animieren, wieder mehr Briefe handschriftlich zu verfassen, statt E-Mails zu schicken. Der Weg dahin führt über einen Umweg: das Projekt fordert auf, EMails an die Projektunterstützer zu schicken, die die Mails dann in handschriftliche Briefe abschreiben:

[…] For one week only (Nov. 11-17, 2013), we invite you to type a message to anyone— family, friend, secret crush, or congressional representative— and send it to us. We’ll then handwrite your message and post it via regular mail to the recipient of your choosing, for free! […]

Die Initiative erinnert mich an das The Hand Written Letter Project. Der Initiator Ivan Cash hat Sorge, dass das digitale Zeitalter die persönlichen Beziehungen schwächt und setzt auf die Handschrift als Träger zwischenmenschlicher Beziehungen:

[…] The Snail Mail My Email project aims to reignite the lost art of letter writing, reminding us of the power of personal connection in a digital world. […]

Das Buch gibt es auch bei amazon (Werbelink). Der oben erwähnte Artikel bei mashable verlinkt auch das folgende vimeo Video, in dem Passanten die digitale und analoge Briefewelt aus ihrem Alltag kommentieren.

Wann habt ihr euren letzten handschriftlichen Brief bekommen?

Snail Mail vs. Email from ivancash on Vimeo.

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