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Seit dem Urlaub füllst du die Seiten deines Tagebuches mit Klagen. Dass der Sommer nicht groß war, dass die Tage kürzer werden, dass dir das Leben etwas schuldig bleibt, dass … blablabla. Du kannst dein eigenes Gejammer nicht mehr hören, möchtest das Tagebuch in die Ecke donnern oder verbrennen.
Wie wäre es jetzt mit etwas Farbe und verlogener Fantasie?
Ich weiß nicht mehr, woher ich die Technik habe, wende sie aber mit viel Vergnügen an, vor allem wenn ich mein eigenes Rumjammern satt habe. Ich kenne sie unter Lügentagebuch.

Du nimmst eine andere Farbe für den Lügeneintrag, schreibst das Datum und erfindest dir einen Tag, der einem Baron Münchhausen die Röte ins Gesicht triebe.
Zum Beispiel: wie dir ein Coup gelungen ist, wie du jemanden gerettet hast, wie dir ein großes Geschenk gemacht wurde, wie du eine geheime Seite von dir gezeigt und damit großen Erfolg hattest usw. usf.

Vielleicht magst du dann wieder die Farbe wechseln und zum „wahren“ Tagebucheintrag zurück kehren. Vielleicht magst du dir auch zufrieden den Eintrag noch einmal durchlesen, durchatmen und lächelnd das Heft zuklappen.

Habt ihr auch schon einmal euer Tagebuch belogen?

Heute ist #Tagebuchdienstag

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Letzten Dienstag konntet ihr an dieser Stelle den ersten Text von Angelika lesen, unserer Spezialistin für Tagebücher. Wir planen, nun regelmäßiger über das Thema Tagebücher zu berichten und zwar immer dienstags. Es wird also so etwas wie einen „Tagebuchdienstag“ geben. Der heutige Text von Angelika beschäftigt sich mit der Frage, wie man damit beginnt, ein Tagebuch zu führen. Denn aller Anfang ist schwer.

Vor dir liegt dein neues Notizheft, dein Tagebuch, Lebensjournal, wie auch immer du es nennst. Es ist blanko, liniert oder kariert, und es ist LEER. Du schreibst das Datum, dann stockt der Stift. Writers´ block: gute alte Schreibblockade. Kritische Stimmen in dir warnen davor, deine Worte würden falsch klingen, die Texte würden dir später peinlich sein oder noch schlimmer: es könnte jemand darin lesen! Schnell weg mit dem Heft!
Kann man machen, muss man nicht!
Man beginnt ein Heft am besten, indem man einfach beginnt! Die Stimmen ignorieren und dem Impuls folgen, schreibend sich selbst auf die Spur zu kommen und schreibend die Möglichkeiten einer eigenen, höchstpersönlichen Tagebuchkultur zu entdecken und sie über die Jahre zu verfeinern! Um die Schwelle der ersten leeren Seite zu nehmen, gibt es viele bewährte Hilfsmittel. Hier meine beiden Favoriten (die ich auch nach knapp 30 Jahren Tagebuch nutze, wenn ich ein neues Heft beginne):

  • Das serielle Schreiben: du suchst dir einen Satzanfang aus, den du in jedem neuen Satz wiederholst und spontan ergänzt mit dem, was dir in den Stift fließt, z.B.
    ich schreibe in dieses Heft, weil ….. ich schreibe in dieses Heft, um ….. ich schreibe in dieses Heft …., – bis die erste Seite voll ist oder die Begründungen versiegen.
  • Oder du beginnst jeden Satz mit: ich erinnere mich daran, wie …., ich erinnere mich, dass…., ich erinnere mich ….
    Den Moment mit allen Sinnen beschreiben: du schreibst alles auf, was du siehst, hörst, riechst, fühlst, schmeckst, und lässt dich von deinen Sinneswahrnehmungen assoziativ weiter tragen in Erinnerungen, Gefühle, Ideen, Pläne, Träume – wohin auch immer, und kehrst immer wieder zurück zu dem, was gerade ist.

Wie geht ihr mit „dem Anfang“ um? Wie war bei euch das erste Mal Tagebuchschreiben? Wie habt ihr die mentalen Hürden überwunden? Ich freue mich über eure Erfahrungsberichte in den Kommentaren!

Wer sich intensiver mit dem Thema Anfangen befassen will, findet weitere Tipps im Klassiker der Tagebuchliteratur: Tagebuch schreiben (Werbelink) von Tristine Rainer und Kerstin Winter (Taschenbuch – 1. Juni 2005)

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Passend zu Alexanders Anfrage zu Notizbuchläden in Hamburg hier ein passender Tipp.
Mit dem Begriff „Notizbuch“ wird man diesem Produkt aus Hamburg-Nienstedten, dem dörflichen Elbvorort mit der besonderen Note, nicht gerecht. In einer kleinen, sehr feinen Buchbinderwerkstatt (natürlich auch online) wird hier die persönliche, ästhetische, handgefertigte Ledermappe angeboten, die laut Unternehmensbroschüre „seit jeher ein stilvoller Begleiter im Berufs- und Privatleben“ ist. Wer sich jetzt ein verstaubtes Hanseatenmodell vorstellt, wird angenehm enttäuscht sein. Dieser Laden löst unbedingt Glücksgefühle aus.
Hier gibt es den Jaguar unter den Notizbüchern: das Pamo Port Book, ausgezeichnet mit dem Red Dot Design Award 2011, das alle Lebensprojekte elegant mit einer Ledermappe (außen Leder, innen Filz) unterbringt und vom Notizbuch über das Tagebuch und den Kalender bis hin zum Block – mit Stift selbstverständlich – keine Wünsche offen lässt. Mit dem Port Book braucht man bis an sein Lebensende kein anderes Notizbuch mehr, sondern nur die Nachfüllware. Das könnte mich allerdings davon abhalten, es zu erwerben, ich kaufe zu gerne leere Hefte und Bücher. Der zweite Grund: es ist eine Investition fürs Leben. Ein runder Geburtstag oder die Beförderung zur Abteilungsleiterin müssten es schon sein, um das mit den eigenen Initialen versehen Meisterstück aus der Tasche holen zu können.
So lange diese Anlässe auf sich warten lassen, lohnen allerdings auch die konventionellen, sehr ästhetischen Bücher und Hefte von Papermoles, der Portfolio Manufaktur Hamburg: http://www.papermoles.com/


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Der folgende Artikel stammt von Angelika von Aufseß, von der in Zukunft vielleicht öfter im Notizbuchblog zu lesen ist. Sie ist Tagebuchfan und erzählt uns heute etwas dazu, was Menschen treibt, Tagebücher zu führen.

„Warum besitze ich überhaupt ein Notizbuch? Es ist leicht, sich in jedem dieser Punkte etwas vorzumachen. Der Impuls, etwas aufzuschreiben, ist merkwürdig zwanghaft, nicht zu erklären für die, die ihn nicht verspüren (…). Vermutlich beginnt es schon in der Wiege oder eben nicht.“ So sinniert die amerikanische Autorin Joan Didion schon in den sechziger Jahren über ihren Drang, Beobachtungen schriftlich festzuhalten, Erlebtes zu dokumentieren und zu reflektieren.

Tagebuchschreiber haben dieses unlogische, schwer zu begündende Verlangen nach Verschriftlichung, nach dem Übersetzen vom eigenen Leben in Sprache, in Stichworte oder Skizzen, einfach weil es beglückend ist, den Stift über die Seiten zu führen und sich so seiner selbst zu vergewissern.
„Gott will nicht, dass ich Tagebuch schreibe, ich aber, ich muss“, schreibt Franz Kafka zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in sein Tagebuch. Er zählt damit zu den üblichen Süchtigen, die immer und überall ihr Heft mitschleppen, weil sie ja dringend den Wunsch verspüren könnten, etwas hinein zu schreiben.
Und warum? Weil Kafka, Didion & Co. sich ernst genug nehmen, um im turbulenten oder tristen Alltag schriftliche Zwiesprache zu halten, Ideen oder literarische Skizzen zu notieren, sich selbst Anekdoten zu erzählen; weil sie Spaß daran haben, ihren Kummer ins Tagebuch zu kotzen, ihren Chef als Zombie zu karikieren oder die Magie eines Momentes ins Heft zu bannen, um es in mageren Zeiten hervorholen zu können.
Wir Tagebuch- und Notizbuchbesitzer sind (laut Joan Didion, und ich glaube, ich stimme ihr weitgehend zu) „ein anderer Menschenschlag (…), Kinder, die anscheinend schon bei ihrer Geburt eine Vorahnung von Verlust befallen hat“.
Da man mit so illustren Gestalten wie Franz Kafka, Virginia Woolf, Max Frisch, Peter Rühmkorf oder auch Andy Warhol, Keith Haring oder Anais Nin unterwegs ist, kann das so verkehrt nicht sein!

Tipp zum Weiterlesen

Wir erzählen uns Geschichten, um zu leben: Mit einem Nachwort von Antje Ravic Strubel von Joan Didion – 304 Seiten – List Taschenbuch (1. April 2009)

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