“I just burned 40 years’ worth of diaries” schreibt Dominique Browning in der New York Times und auf ihrem Blog www.slowlife.com und weiß offensichtlich, was sie tut. Glaubt es zu wissen… Sie möchte nicht, dass die Nachwelt, schon gar nicht ihre beiden Söhne, das ewige Auf und Ab, vor allem die dramatischen Beschreibungen ihrer Abs, lesen, wenn sie nicht mehr auf der Welt ist. Das Verbrennen war für sie eine Art Befreiungsschlag von der Vergangenheit, es sollte die Türen und Fenster öffnen für Gegenwart und Zukunft. “Be gone, Undead! Be over, past! I wanted to let fly all those pages full of heartbreak and yearning.”

Den Impuls kann ich durchaus nachvollziehen. Was interessiert mich mein Geschwätz und mein Gejammer von gestern? Heute spielt die Musik. Warum sich mit den Altlasten aufhalten?!
Zu diesen Stimmen gibt es in meiner Welt jedoch mindestens ebenso viele Gegenstimmen: das ist meine Vergangenheit, mein gelebtes Leben, meine Höhen und Tiefen, meine Lernkurven und Endlosschleifen, meine unwiederbringlichen Erfahrungen, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. So etwa in dem Sinn: „es gehört zu mir wie mein Name an der Tür“ (frei nach Marianne Rosenberg).
Niemals würde ich freiwillig meine Tagebücher und Heft den Flammen in den Rachen werfen und nichts als ein paar Häufchen Asche davon zu zurück behalten. Vielleicht würde es mich zu sehr an das erinnern, was bleibt, wenn auch die Besitzer von Tagebüchern das Zeitliche gesegnet haben?

In einer Umfrage vom Juli 2011 hier im Notizbuchblog haben 85 % der Umfrageteilnehmer angegeben, dass sie ihre Notiz- und Tagebücher nie verbrennen würden.
Was geht Euch 85 % und vor allem Euch 15 % durch den Kopf, wenn Ihr Dominique Brownings burning act mitverfolgt?

(via notebookstories.com)

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2 Antworten
  1. Moni sagt:

    Vor 23 Jahren hab ich einmal ein Tagebuch verbrannt. Ich weiß auch noch genau, wie es ausgesehen hat: Es war eins von diesen „chinesischen“ Büchern, mit rosa und pfirschfarbener Lineatur, eingerahmt von Pflanzendarstellungen. (Gibt es die eigentlich noch?)

    Meine Schweseter hatte es dann gefunden, gelesen und mir eine Szene gemacht. (Eigentlich hätte ich ihr eine Szene machen können, schon allein wegen der Tatsache, dass sie es gelesen hat. Jedenfalls hat sie sich immens darüber aufgeregt, was sie in diesem Buch über mich erfahren hat.)
    Daraufhin hab ich es vernichtet, die Seiten verbrannt. Niemand sollte es mehr lesen.

    Jetzt bedauere ich es sehr, dass ich dieses Tagebuch nicht mehr habe, denn so viele Erinnerungen aus der damaligen Zeit sind verblasst. Ich lebte teilweise in so einer Art Parallelwelt und es gibt auch niemanden mehr, den ich fragen könnte, wie dies und jenes damals eigentlich war. Das würde ich gerne ab und zu nochmal nachlesen.

  2. Sabine sagt:

    Mir geht durch den Kopf, dass auch er das irgendwann bitter bereuen wird, wenn er sich irgendwelche Situationen oder Erlebnisse wieder in Erinnerung rufen will, bei einer „Wie-war-das-noch-mal“-Situation und dann ist DAS Tagebuch nimmer da…Tja…. Könnte mir wirklich nicht passieren!!!

    Liebste Grüße
    Bine

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